Schlagwortarchiv für: Führung

Schon 2020 hat Wolfram Eilenberger ein Buch über „die Rettung der Philosophie in finsteren Zeiten (1933 – 1943)“ veröffentlicht. Es trägt den Titel „Feuer der Freiheit“ und liest sich heute wie ein Kommentar zum aktuellen Kampf um die Freiheit in der Ukraine.

Eilenberger beschreibt das Denken und Leben von Simone Weil, Hannah Arendt, Ayn Rand und Simone de Beauvoir in diesen aufwühlenden und kriegerischen Jahren. Er zitiert darin einen bemerkenswerten Essay von Simone Weil über Krieg und Gewalt. Weils zentraler Gedanke ist, dass Krieg mit seinem entgrenzten Verhältnis zur Gewalt eine Verdinglichung des Menschen bewirkt. Und zwar nicht nur derjenigen Menschen, die unmittelbar Gewalt erleiden, sondern aller Menschen: denen, die von ihr bedroht sind, ebenso wie denen, die sie ausüben. Ein Ende der Lebendigkeit.

Nun könne es, so Weil, aber nicht darum gehen, Gewalt gänzlich aus der Welt zu schaffen; ein unrealistisches Ziel. Stattdessen gehe es um Aufklärung: „Nur wer die Herrschaft der Gewalt kennt und ihr nicht zu gehorchen versteht, kann lieben und Gerechtigkeit üben.“ (zitiert nach Eilenberger, S. 238) Hier deshalb zwei zentrale Erkenntnisse von Weil, die uns auch in den aktuellen finsteren Zeiten weiterhelfen können:

„Der Starke ist nie ganz stark, der Schwache nie ganz und gar schwach, aber beide wissen es nicht.“ (zitiert nach Eilenberger, S. 238)

„Wer die Macht hat, bewegt sich in in einem Milieu, das ihm nicht widersteht, ohne dass in der Menschenmasse um ihn herum irgendetwas dazu geeignet wäre, zwischen Impuls und Handlung den kleinen Abstand zu schaffen, in dem Raum für Denken bleibt. Wo das Denken keinen Platz hat, kann es weder Umsicht noch Gerechtigkeit geben… Da andere ihnen nicht den Einhalt gebieten, den die Rücksicht auf unsere Mitmenschen verlangt, kommen sie zu dem Schluss, dass ihnen das Schicksal alle Rechte verlieh und den ihnen Unterlegenen keine. So überschätzen sie ihre Kräfte. Sie müssen sie überschätzen, weil sie ihre Grenzen nicht kennen. Das liefert sie unwiderruflich dem Zufall aus und sie sind nicht mehr Herr der Lage.“ (zitiert nach Eilenberger, S. 240)

Was können wir also tun? Wir können immer wieder um diesen kleinen Abstand kämpfen, in dem Raum für Denken bleibt.

Literatur: Wolfram Eilenberger: Feuer der Freiheit, Stuttgart 2020

Reinhard Völzke (Strukturnetz) und Robert Erlinghagen (mindshaker) bieten eine gemeinsame Online-Fortbildungsreihe für Leitungskräfte aus Bildung und Wissenschaft, Verwaltung und Non-Profit-Sektor an.

5 Appetitanreger für moderne Führung:

  • Agilität – Ursprung und grundsätzlicher Nutzen des Konzepts
  • Design Thinking – eine Innovationsmethode
  • Scrum – eine Methode zur Gestaltung von Kommunikationsstrukturen und -prozessen
  • Kreative virtuelle Besprechungen – online geeignete Formen zur Zusammenarbeit schaffen
  • Ausgewählte agile Methoden – Handwerkszeug für agile Kooperation

Los geht’s am 2.11.2021. Alle Informationen als Flyer oder auf hier der Website.

Und für Kurzentschlossene geht es hier direkt zum Anmeldeformular.

Corona lässt Führungkräften gerade wenig Zeit zum durchschnaufen. Dennoch ist es klug, sich gerade in Phasen der Transformation Inspirationen zu suchen und sich Zeit zur Reflexion zu nehmen. Die Katholische Hochschule Mainz reagiert darauf mit einem neuen Angebot: geballte Inputs in 1,5stündigen Online-Veranstaltungen.

  • 08. April 2021: Grundsätzliches – Krise und Veränderung
  • 14. April 2021: Führung. Die neue Rolle von Führungskräften
  • 22. April 2021: Persönliches – Wie gehe ich selbst mit Veränderung um?
  • 26. April 2021: Organisatorisches – Veränderung und Agilität von Organisationen
  • 29. April 2021: Praktisches – Tools zur Stärkung der gemeinsamen Verantwortung

Die einzelnen Inputs werden angeboten von Daniel Piontek (dreheffekt) und Robert Erlinghagen (mindshaker). Einen Flyer zum download gibt es hier; alle Informationen und Anmeldeformulare finden Sie hier.

Das Institut für Fort- und Weiterbildung der Katholischen Hochschule Mainz bietet seit vielen Jahren eine Fortbildungsreihe „Betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente für Sozialunternehmen“ an. Seit diesem Jahr übernimmt mindshaker in dieser Reihe das Modul „Organisationsentwicklung und Change Management“. Neben betriebswirtschaftlichem Handwerkszeug, das vor allem in den anderen Bausteinen vermittelt wird, geht es in der Reihe und besonders in diesem Modul darum, wie Veränderungen angestoßen und umgesetzt werden können und wie sich Sozialunternehmen in einer Welt neu positionieren, in der Veränderung zum Dauerzustand geworden ist.

Die nächste Reihe startet am 3. Mai 2021, Anmeldeschluss ist der 1. März 2021. Alle Infos sind hier zu finden.

In unübersichtlichen Zeiten wie diesen sind Führungskräfte besonders gefordert. Sie übernehmen Verantwortung, treffen schwierige Entscheidungen, ohne alle Konsequenzen abschätzen zu können.
Drei Dinge können dabei helfen:

  • Gut für sich selbst sorgen, die eigenen seelischen Belastungen gut verarbeiten.
  • Sich die Erwartungen verdeutlichen, die andere an einen stellen
  • Den eigenen Kompass justieren: Was sind meine Leitprinzipien? Wofür will ich einstehen?

Für www.schulverwaltung.de hat Robert Erlinghagen ein Online-Seminar erstellt mit vielerlei Anregungen, den eigenen Kompass zu überprüfen. Sie erhalten Know-how aus der Psychologie und der Verhaltensökonomie und lernen Modelle kennen, die in Zeiten der Ungewissheit Orientierung geben können.

Sie lernen:

  • was das Besondere an einer krisenhaften Situation ist
  • welche Rolle und Aufgabe Führungskräften in der Krise zukommt
  • welche typischen Reaktionen Krisen auslösen und wie man damit am besten umgeht
  • wie Sie die Chancen, die in einer Krise stecken, nutzen können

Alle weiteren Informationen und das Video finden Sie hier.

Die Katholische Hochschule Mainz bietet ab dem 21.9.20 eine Online-Weiterbildung für Leitungsteams und Führungskräfte von Sozialunternehmen sowie aus dem Gesundheits- und Bildungsbereich an: „Zwei Schritte vor, keiner zurück? Von der Krisenbewältigung zur Zukunftsgestaltung“.

Daniel Piontek (dreheffekt) und Robert Erlinghagen (mindshaker) bieten in dieser Veranstaltungsreihe einen Raum, um die Veränderungen der letzten Monate zur reflektieren, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen und Konsequenzen für die Personal- und Organisationsentwicklung zu ziehen. Ausführliche Informationen und die Möglichkeit zur Online-Anmeldung finden Sie hier.

Spätestens Corona hat uns gelehrt, dass Anpassungsfähigkeit für Organisationen nicht nur dann ein Thema ist, wenn sie im ökonomischen Wettbewerb stehen und um flatterhafte Kunden werben. Auch andere Einflussfaktoren sorgen dafür, dass in Organisationen jeglicher Art Veränderung längst zum Dauerzustand geworden ist. So wird Agilität auch in der Jugendhilfe schon länger diskutiert. In der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Evangelische Jugendhilfe“ skizziert Robert Erlinghagen, was beim Schlagwort Agilität bloße Mode und was sachlich begründete Inspirationsquelle für die Organisationsentwicklung ist.

Erlinghagen, Robert: Überall Agilität, in: Evangelische Jugendhilfe, 3 (2020) S. 136-145

Die Firma Beichler Kälte- und Klimatechnik GmbH und die Agentur glückskind aus Steinebach an der Sieg nutzten im Frühjahr die Kompaktworkshops von mindshaker zur Fortbildung in Sachen Führung und Kommunikation.

Beide Unternehmen sind ebenso wie mindshaker Mitglied im regionalen Netzwerk für Betriebliches Gesundheitsmanagement, BGaktiv. Vor wenigen Tagen erhielten die Geschäftführungen von Beichler und glückskind nun von der Netzwerkkoordinatorin Anna Kötting das Netzwerk-Logo überreicht, eine Auszeichnung für jene Betriebe, die gesundheitserhaltende sowie -fördernde Maßnahmen innerhalb des Netzwerkes umsetzen und sich aktiv um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter*innen kümmern.

Als Führungskraft durch die Krise

Die Deutsche Akademie für Pädagogische Führungskräfte steigt auch in das Feld der Online-Fortbildungen ein. Eine der ersten Veranstaltungen: ein halbtägiger Online-Workshop am 8. Juni 2020 von Robert Erlinghagen zum Thema „Als Führungskraft durch die Krise“. Weitere Informationen finden Sie hier.

„Krise als Chance“ – das ist eine gern genutzte Floskel in diesen Tagen. Und tatsächlich stimmt es ja auch, dass in krisenhaften Situationen plötzlich Dinge möglich sind, die zuvor undenkbar schienen. Dazu ist schon viel geschrieben worden, auch in diesem Blog („Krise als Chance“ und „Nachdenken über Corona VIII“).

Seit ein paar Tagen beschäftigt mich zunehmend die Frage, was denn die Bedingungen sind, damit Chancen auch ergriffen werden können. Hierzu hat der Soziologe Armin Nassehi nun am 4.5.20 auf Zeit Online einen erhellenden Beitrag veröffentlicht: „Das Virus ändert alles, aber es ändert sich nichts.“ Seine Kernthese:

„Das Virus hat tatsächlich alles verändert, aber es hat sich nicht das Geringste daran geändert, wie eine komplexe Gesellschaft auf solch eine Ausnahmesituation reagiert. Man könnte sagen: Sie tut es ziemlich routiniert. Wir sehen, dass alle Akteure genauso auftreten, wie sie es sonst auch tun.
Natürlich ist es Wirtschaftsverbänden ein Anliegen, endlich wieder die Wertschöpfungsketten zu schließen und die katastrophalen ökonomischen Folgen abzumildern, was sollen sie sonst fordern? Natürlich haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein existenzielles Interesse daran, dass ihre Arbeitsplätze erhalten bleiben. Selbstverständlich machen sich Juristen und Gerichte Gedanken über die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen. Und selbstverständlich wird die Berichterstattung in den Medien nun vielstimmiger und kritischer den Maßnahmen gegenüber. Und selbstverständlich mehren sich die Stimmen aus dem psychosozialen, dem pädagogischen und dem therapeutischen Bereich, welche unglaublichen Folgen der Lockdown für Familien, für Kinder und Jugendliche, für Partnerschaften, für Geschlechterverhältnisse, für ohnehin prekäre Lebenslagen und für das Gewaltniveau in Nahbereichen haben. Alle Akteure spielen die Rollen, die sie immer gespielt haben. Das ist freilich kein Vorwurf, sondern bildet letztlich die Struktur der Gesellschaft ab, die so mit den ihr eigenen Mitteln reagiert.“

(Armin Nassehi)

Dieser Effekt hat zumindest kurzfristig sogar erhebliche Vorteile, er stellt die Leistungs- und Handlungsfähigkeit der Gesellschaft als Ganzes und der verschiedenen Teilsysteme unter Beweis, die diese Krise bislang erstaunlich unaufgeregt verdauen. Trotz allen Murrens, aller Demos und aller Verschwörungstheorien: Von einem wirklichen Ausnahmezustand sind wir weit entfernt.

Allerdings zeigt sich auch:

„Viele Wirtschaftsstrukturen halten augenscheinlich die lange Unterbrechung kaum aus. Familien geraten schnell in Ausnahmezustände, für Kinder und Jugendliche ist der Kontakt nach außen vielleicht wichtiger als der zu den Familienmitgliedern. Und die Bespielung moderner nervöser Seelen braucht offensichtlich mehr Abwechslung, als derzeit trotz Streamingdiensten und gelieferten Konsumartikeln zur Verfügung steht.

Man kann an diesen Krisenfolgen sehr deutlich sehen, wie fragil diese so stabile Gesellschaft immer schon war und wie sehr sie auf Kante genäht ist: Sie scheint in ihrer dynamischen Stabilität davon abhängig zu sein, dass es weitergeht wie bisher. Nicht weil sie so stabil ist, ist es schwer in die Dynamik der Gesellschaft einzugreifen, sondern weil diese Stabilität so sehr von sensiblen Konstellationen abhängig ist.“

(Armin Nassehi)

Der routinierte Umgang mit der Krise beschränkt enorm das tatsächlich disruptive, innovative, schöpferische Potenzial. Mehr als Verdauen scheint nicht drin zu sein. Die Angst vor dem Verlust des Status Quo ante, vor der Krise, scheint zu groß zu sein. So haben schon die Verhaltensökonomen um Daniel Kahnemann festgestellt, dass Menschen mehr Energie aufbringen, um einen Verlust zu vermeiden, als einen Gewinn zu erzielen, dass sie größere Risiken eingehen, um den Status quo zu erhalten, als dass sie ihn ändern.

Diese Beobachtung im aktuellen gesellschaftlichen Großexperiment, das wir alle durchleben, sollten sich Führungskräfte ebenso wie Organisationsberater und Coaches als Lehrstück zu Herzen nehmen. Es reicht eben bei weitem nicht aus, die Chance in der Krise bloß zu proklamieren. Der Hoffnung müssen Taten folgen:

  • Es braucht einflussreiche Akteure, die zupacken – und dabei bereit sind, ihre angestammten Rollen zu verlassen und etwas wirklich anderes tun.
  • Es braucht die Bereitschaft, Verluste tatsächlich abzuschreiben und auf ungewisse Gewinnchancen zu setzen.
  • Es braucht eine gemeinsame moderierte ergebnisoffene Reflexion über Auswirkungen und Chancen der Krise.
  • Und es braucht möglichst eindeutige und frühzeitige Festlegungen, in welcher Hinsicht man nicht zum Zustand vor der Krise zurückkehren wird.

Nun sind konzertierte Aktionen in offenen, pluralen, demokratischen Gesellschaften schwierig und selten geworden. Fraglich, ob sie überhaupt wünschenswert sind. Nassehi legt Wert darauf, bloß Wirkungsweisen dieser Gesellschaftsform beschreiben zu wollen und auch kein Patentrezept zu haben.

„Einer der schönsten biologischen Sätze zur Pandemie lautet, mit dem Virus könne man nicht verhandeln. Genau genommen gilt dieser Satz auch für die Gesellschaft. Mit ihr kann man auch nicht verhandeln, weil ihre Eigendynamik offensichtlich in einer merkwürdigen Kombination aus Stabilität und Fragilität fast unerreichbar ist. Immerhin kann man in ihr verhandeln.

(Armin Nassehi)

Was bleibt also? Fangen wir an zu verhandeln. Vielleicht nicht so sehr mit Organisationen, sondern in ihnen. Und vielleicht sollten wir dabei öfter einmal zivilisiert aus der Rolle fallen.